Die Universität Debrecen ist eine der bekanntesten Universitäten Ungarns.
Die Wurzeln der Universität reichen bis in das 16. Jahrhundert zurück, als 1538 in Debrecen das calvinistische Kollegium gegründet wurde. Bereits ab 1567 begann das Kollegium mit der Ausbildung von Seelsorgern und Lehrern. Das Kollegium war über Jahrhunderte hinweg ein wichtiges Zentrum der Forschung und Lehre der ungarischen Sprache und Kultur.
Ab 1588 sind alle Absolventen des Kollegiums bereits namentlich bekannt. Die Studenten hatten eine mit starken Rechten ausgestattete Vertretung, Coetus, die neben dem Rektor in den städtischen Rat eingebunden war. Aus dieser Zeit stammen bereits bekannte Lehrbuchveröffentlichungen der Universität, wie einem Rechtshandbuch, 1577 Arithmeticaja von János Laskói, Dicta Graecia sapientum sowie interprete Erasmo Rotterdamo und Civilitas morum Erasmi.
König Franz Joseph gründete am 7. Juli 1912 die königliche Universität Debrecen, in die drei Fakultäten aus dem calvinistischen Kollegium der neu gegründeten Universität eingegliedert wurden. Geplant wurden folgende fünf Fakultäten:
Reformierte Theologie
Rechts- und Staatswissenschaften
Medizinische Wissenschaften
Geistes-, Sprach- und Geschichtswissenschaften
Naturwissenschaften
1914 nahm die Universität bereits im Oktober ihren Betrieb in den Gebäuden des calvinistischen Kollegiums auf. Ab 1921 nannte sich die Universität nach einem ihrer ehemaligen Schüler, István Tisza, zu dessen Ehren 1923 eine Statue vor dem Klinikhauptgebäude aufgestellt wurde.
Bereits 1913 plante man die Universität auf einen eigenen Campus anzusiedeln – der "Universitätsstadt" (Egyetemváros). Dabei wurde die Universität mit ihren Kliniken in das noch heute dafür genutzte Areal im Norden der Stadt am Rand des großen Waldes (Nagyerdő) angesiedelt. Der Campus gliederte sich in folgende Anlagen und Einrichtungen:
Komplex der Medizinischen Fakultät
Hauptgebäude mit Bibliothek
Naturwissenschaftliche Gebäude
Botanischer Garten und Glashäuser
Wohnungsvillen für Professoren und Lehrkräfte
Jugendsportplätze (in Ungarn ist Sport ein verpflichtendes Fach zu jedem Studium)
Der 1914 begonnene Bau der Universität wurde am 23. Oktober 1918 von König Karl IV. feierlich eingeweiht. Die Vervollständigung der Gebäude verzögerte sich jedoch wegen des Krieges – so konnte die Klinik erst 1921 ihren vollen Betrieb aufnehmen, wobei das gesamte Areal erst 1927 fertiggestellt wurde. Das heute zentral am Campus dominierende Hauptgebäude wurde von 1927 bis 1932 von dem Architekten Flóris Korb errichtet. 1930 wurde die Sternwarte und 1933 der Botanische Garten errichtet. 1939–1942 wurde neben dem Hauptgebäude die Universitätskirche nach den Plänen von József Borsos errichtet.
Mit der Machtergreifung des sozialistischen Regimes wurden alle Spuren von István Tisza an der Universität entfernt – seine Statue abgerissen. 1949 wurden die Geisteswissenschaftliche und die Naturwissenschaftliche Fakultät zerteilt und die Juristische Fakultät aufgelöst sowie 1950 die Theologische Fakultät und 1951 die Medizinische Fakultät in eigene Universitäten ausgegliedert. Die Geisteswissenschaftliche Fakultät wurde noch weiter verkleinert: Die Lehre in den Sprachen Englisch, Französisch, Deutsch und Latein wurde kurzfristig bis 1958 eingestellt. Die Theologische Fakultät ist noch bis heute eine der calvinistischen Diözese unterstellten selbständige Universität. Die aus der Geisteswissenschaftlichen und der Naturwissenschaftlichen Fakultät bestehende verbleibende Universität wurde 1952 Lajos-Kossuth-Universität benannt. Mit der Zerteilung der Universität kam es später auch zu einer Erweiterung des Lehrspektrums: 1953 entstand die Akademie für Bodenkultur Debrecen – später Universität für Bodenkultur. 1966 entstand die Musikhochschule und 1972 die Technische Hochschule. 1971 nahm die Kindergärtnerhochschule Hajdúböszörmény ihren Lehrbetrieb auf.
Mitte der 1980er Jahre bestrebte die Partei eine Wiedervereinigung der zerstreuten Institute und Hochschulen zu einer Universität. Am 22. Juni 1991 verkündete Präsident Árpád Göncz die Wiedervereinigung der Universitäten zur Universitätenvereinigung Debrecen (Debreceni Universitas Egyesülést (DUE)) bestehend aus der Universität für Agrarwissenschaften (Debreceni Agrartudományi Egyetem (DATE)), der Medizinischen Universität (Debreceni Orvostudományi Egyetem (DOTE)), der Lajos-Kossuth-Universität (Kossuth Lajos Tudományegyetem KLTE), der Reformierten Theologischen Hochschule (Debreceni Református Teológiai Akadémia (DRTA, DRHE) sowie dem Atomkernforschungsinstitut (MTA Atommagkutató Intézet (ATOMKI)). Die Vereinigung der Universitäten war rechtlich noch nicht als eine Universität anzusehen, jedoch plante man die Schaffung einer Universität aus der Vereinigung. 1996 begann mit der Unterstützung der Weltbank die weitere Integration der einzelnen selbständigen Universitäten zu einer gemeinsamen Universität in Debrecen. 1998 wurde die Franz-Liszt-Musikhochschule in diese Planungen einbezogen.
Am 1. Januar 2000 nahmen die vereinigten Fakultäten bzw. Universitäten in Debrecen unter dem Namen "Universität Debrecen" ihren Betrieb auf. Die zusammengeführten Institute bzw. Fakultäten waren jetzt auch rechtlich gesehen eine Universität. 2000 besaß die Universität bei ihrer Zusammenführung fünf Universitätsfakultäten, drei Hochschulfakultäten und zwei unabhängige Institute:
Allgemeine Medizinwissenschaftliche Fakultät
Geisteswissenschaftliche Fakultät
Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
Fakultät für Agrarwissenschaften und Bodenkultur
Naturwissenschaftliche Fakultät
Fakultät für Gesundheitswesen
Technische Fakultät
Pädagogische Fakultät Hajdúböszörmény
Fakultät für Rechts- und Staatswissenschaften
Konservatorium Debrecen
Nach der Vereinigung war eine fortlaufende Entwicklung zu beobachten. So wurden bereits 2002 die Fakultät für Agrarwirtschaft und Bodenkultur, 2003 die Fakultät für Zahnmedizin und die Fakultät für Pharmazie gegründet. 2004 trennte sich in der Naturwissenschaftlichen Fakultät aus dem Institut für Mathematik das Institut für Informatik und bildete die eigenständige Fakultät für Informatik.
Heute besitzt die Universität 10 universitäre Fakultäten und 3 Hochschulfakultäten sowie 2 selbständige Institute. Die Einrichtung einer Fakultät für Volksgesundheit ist derzeit im Entstehen begriffen.
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